Mittwoch, 16. März 2016
Leben und Arbeiten in tropischen Entwicklungsländern
102) UNRUHEN
Kaum ein expat, der für einige Jahre in einem Land des südens lebt, wird davon verschont. Gemeint sind nicht nur die grossen Aufstände, die auch in den nordischen Medien erscheinen. Von lokal begrenzten Unruhen berichtet kein Journalist, die Berichterstattung wird unterdrückt, aber sie gehen an Leib und Leben. Sie brechen aus wie aus heiterem Himmel. Ein Beispiel: ich fahre vom Büro nach Hause Richtung Stadtrand und gerate in einen Tumult, brennende Ölfässer versperren die Strasse, Steine fliegen, Fäuste schlagen auf die Karosserie, kein Polizist zu sehen (das ist typisch). Bevor man völlig vom Mob umringt ist, schleunigst umdrehen, auf keinen Fall Wagenfenster runterlassen und mit Schimpfen anfangen. Anlass des Tumults war ein Militär, der mit seinem LKW ein Mädchen tot fuhr und davonraste. Bleibt ein Tumult lokal begrenzt, hält sich die schlecht gerüstete Polizei im Hintergrund. Vor zwei Jahren wurde in Mangoschi,Malawi, ein Fleischverkäufer von Moslems bezichtigt, Schweinefleisch zu verkaufen, wurde von einer Johlenden Menge durch die Strassen geschleift, Läden wurden geplündert, Schüsse fielen, Tote und verwundete. Dieser Lawineneffekt ist typisch: im Nu rotten sich Leute zusammen und lassen ihre Wutaus, rauben und zündeln, der ursprüngliche Anlass ist vergessen. Polizei per Handy anrufen ist zwecklos, unerreichbar. Selig, wer eingezwängt im Tumult Beziehungen zu einer hochgestellten Persönlichkeit hat und anrufen kann.Rechtzeitig Schleichwege auskundschaften für den Weg zur arbeit. Fast immer beschränken sich Unruhen auf die Madrigalen, nur ein paar Meter abseits in Nebenstrassen wird es ruhiger. Kritisch ist die Zeit vor Wahlen, am besten zu Hause bleiben. Expats, die von der Regierung ein Fahrzeug erhielten mit einem regierungsamtlichen kennzeichen sind besonders gefährdet, da sich die Wut gegen die Regierung richtet.In Guinea-Bissau erlebte ich vor einigen einen Militärputsch. Nach der Ermordung des Staatspräsidenten wurde sofort eine Ausgangssperre verhängt, die Strassen waren völlig leer, auf alles, was sich bewegte, wurde geschossen. Das Festnetz funktionierte nicht, auch nicht Radio und Fernsehen, nur ein katholischer Sender und das Mobilfunknetz funktionierten. Die Notstromversorgung des Mobilfunknetzes reicht in solchen Fällen höchstens eine Woche. Erst nach drei Tagen öffneten einige Läden wieder, also immer Notvorrat anlegen. Fluchtpunkte sind Botschaften und Flughäfen, Notfallplan der Botschaft anfordern.Südländer bleiben in solchen Fällen viel ruhiger als die hypernervösen Nordländer, amn höre auf den Rat erfahrener NachbarnSo reisten beim Putschversuch der air force vor einigen jahren in Nairobi mit Schiessereien in einigen stadtteilen nicht alle expats aus, es genügt, aus den unruhigen Städten aufs Land auszuweichen, wo es viel ruhiger ist. Immer auch einen Treibstoffvorrat im Haus aufbewahren.In manchen Fällen, wie in Erithrea vor einigen Jahren, entsenden Regierungen Flugzeuge zur Evakuierung von expats, also immer Kurzwellenradio hören, z.B. Deutsche Welle oder BBC, falls nichts anderes mehr funktioniert.

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