Samstag, 1. Oktober 2016
Leben und Arbeiten in tropischen Entwicklungsländern
191) verhandlungsethik
Fast alles ist verhandelbar im Süden, ob es um eine Arbeitsgenehmigung geht oder um Entschädigungszahlung an ein Unfallopfer. Vor allem kleine Beamte kennen die gesetzlichen Bestimmungen im Einzelfall selbst nicht genau. Man muss nur ausgiebig genug genug palavern, argumentieren, nie aber Mitleid erregen wollen, im Gegenteil Stärke zeigen, Beziehungen spielen lassen, etwa zu einem General oder Minister, vielleicht Empfehlungsschreiben mitbringen. Das Argument vieler expats, dass man schliesslich im Land für dessen Fortschritt und Entwicklung da ist, zieht nicht, das interessiert Beamte wenig. Dagegen ziehen gute Sprachkenntnisse, Anekdoten erzählen und damit menschliche Nähe erzeugen, Drohungen abmildern, sich nicht einschüchtern lassen. Ich wurde einmal in Kapverde zu einer weit überhöhten Bussgeld verdonnert, weil ich eine Garage ohne Baugenehmigung anfing zu bauen. Als ich dem Chef der Baubehörde gegenüber saß, sah ich, dass er den Betrag in den Bussgeldbescheid noch nicht eingetragen hatte und mit dem Kugelschreiber spielte, er signalisierte also Verhandlungsbereitschaft. Vorher wurde mir gedroht, den Rohbau niederzuwalzen, hörte aber nicht darauf und es geschah auch nicht. Im Norden dagegen gilt Institutionsethik, Gesetzliche Bestimmungen gelten ohne Ansehen der Person.

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